Vor dreissig Jahren haben Tim Berners-Lee und sein Team in Genf das www-Protokoll erfunden, um die enormen Datenmengen der Experimente des CERN leichter speichern und über ein Netzwerk miteinander verbundener Computer teilen zu können. Sobald diese Erfindung die wissenschaftliche Gemeinschaft erreichte, verbreiteten sich Modifikationen, die die rasante Entwicklung des Internets in Gang setzten. Diese Erfindung fand genau an dem Ort statt, an dem mit dem grössten Teilchenbeschleuniger der Welt (LHC) seit 2008 versucht wird, Schwarze Mikro-Löcher zu erzeugen, um die Ursprünge des Universums und mögliche Paralleldimensionen zu untersuchen. Im Laufe der Jahre haben das CERN und seine Maschinen beträchtliche Aufmerksamkeit ausserhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft erlangt, wodurch sie sowohl Werke der Fiktion inspirierten als auch Verschwörungstheorien über die vermessenen Ziele des CERN, ein Portal zur Hölle zu schaffen, den Antichristen zu beschwören oder gar die alten Götter auferstehen zu lassen, nährten.
Basierend auf diesen phantasievollen Interpretationen der verborgenen Absichten des CERN schlägt Huret vor, Tims Büro als eine Art Vor-Chaos-Kammer oder eine Art Kontrollraum zu betrachten, in dem Tim selbst, vielleicht unbewusst, eine völlig neue Dimension geschaffen hat. Diese neue Dimension – die sich zum Internet entwickeln würde – wurde vielleicht bereits 60 Jahre zuvor von einem christlichen Mystiker und Wissenschaftler namens Pierre Teilhard de Chardin prophetisch angedeutet in einem Konzept, das dieser als «Noosphäre» bezeichnete. Die Noosphäre, ähnlich wie die Biosphäre oder Atmosphäre, ist eine kollektive Psyche, eine Schicht von Gedanken und Ideen, die die Erde umhüllt. Die Noosphäre entsteht und wird begründet durch die Interaktion des menschlichen Geistes.
Die Ausstellung vermittelt die Ästhetik der Büro-Innenräume der späten 80er-Jahre und zeigt eine neue Werkgruppe, bestehend aus Bildschirmen als Fenster in andere Dimensionen, monströsen Altartafeln zur Offenbarung neuer Büroansichten und beleuchteten pareidolischem Fassaden. In ihnen thematisiert Huret das Internet als ein Medium, das eine chaotische Apophenie (die Neigung, Verbindungen und Bedeutung zwischen nicht zusammenhängenden Dingen fälschlicherweise zu erkennen) provoziert. Dieser Tendenz folgend, unterstreicht die Ausstellung die tief verwurzelten Überzeugungen und die kollektive Vorstellungskraft, die das Herzstück des massiven interaktiven Netzes, das Vehikel der Noosphäre, bilden.
(Photos: zvg Roehrs & Boetsch Gallery )